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Landesaktionsplan zur Istanbul-Konvention

vier Frauengesichter im Profil © AdobeStock I olga

Querschnittsthema »Gewaltschutz« in der Breite verankert

Die sächsische Staatsregierung hat auf ihrer Kabinettssitzung am 18. Juni 2024 den Landesaktionsplan des Freistaates Sachsen zur Verhütung und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Umsetzung der Istanbul-Konvention beschlossen. Damit ist der Weg für die Landesverwaltung geebnet, in den kommenden sechs Jahren maßgebliche Schritte zu unternehmen, um die Situation von gewaltbetroffenen Frauen und Mädchen im Sinne der Istanbul-Konvention nachhaltig zu verbessern und sie künftig noch besser vor Gewalt schützen zu können.

Der Sächsische Landesaktionsplan zur Bekämpfung häuslicher Gewalt wurde erstmals im Jahr 2006 verabschiedet und im Jahr 2013 letztmalig novelliert. Entsprechend des Koalitionsvertrages wurde dieser unter Koordinierung durch die Landeskoordinierungsstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention im Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung (SMJusDEG) sowie dem Landespräventionsrat fortgeschrieben. In einem umfangreichen Fortschreibungsprozess, an dem neben den zuständigen Ministerien und deren nachgeordneten Behörden auch die Zivilgesellschaft beteiligt war, konnte das Querschnittsthema »Gewaltschutz« in der Breite verankert werden. 190 Maßnahmen wurden für die Bereiche Bildung, Gesundheit, Kultur, Wissenschaft aber auch Sport, Opferschutz und Strafverfolgung entwickelt.

Alle staatlichen Ebenen zur Umsetzung verpflichtet

Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (kurz: Istanbul-Konvention) wurde im Februar 2018 in Deutschland ratifiziert und ist geltendes Recht in Deutschland. Es werden alle staatlichen Ebenen entlang ihrer Zuständigkeiten zur Umsetzung verpflichtet. »Geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen« umfasst Gewalt, die gegen eine Frau gerichtet ist, weil sie eine Frau ist oder Gewalt, die Frauen unverhältnismäßig stark trifft. Hierzu zählt beispielsweise häusliche Gewalt, sexualisierte Gewalt, Stalking, Zwangsverheiratung und Genitalverstümmelung. Die Koalitionspartner haben im Koalitionsvertrag 2019 bis 2024 die Verpflichtungen der Istanbul-Konvention anerkannt.

Der Fortschreibungsprozess des Landesaktionsplans begann im September 2022 und dauerte anderthalb Jahre. Wissenschaftlich begleitet wurde der gesamte Prozess durch das Zentrum für Evaluation und Politikberatung (ZEP) Berlin. Der Erstellung des Landesaktionsplans ging eine umfassende Soll-Ist-Analyse voraus, bei der die Anforderungen der Istanbul-Konvention mit den vorhandenen Strukturen und Angeboten des Freistaats abgeglichen wurden.

Die Erarbeitung der Maßnahmen erfolgte in mehreren Beteiligungsworkshops an denen gemäß Istanbul-Konvention sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Organisationen teilnahmen. Insgesamt 104 Personen aus fünf Ministerien, zwei Landesbehörden, fünf kreisfreien Städten und Landkreisen und acht Landesarbeitsgemeinschaften sowie 18 weitere Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft nahmen daran teil.

Im Ergebnis entstanden 77 Handlungsziele mit insgesamt 190 Maßnahmen, die sich an den vier Säulen der Istanbul-Konvention orientieren und die Kapitel des LAP bilden:

  • Prävention durch Bewusstseinsschaffung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit
  • Unterstützung und Schutz durch Hilfsdienste
  • Einsatz ausgebildeter Fachkräfte
  • Einrichtung von Frauenhäusern koordinierende Maßnahmen.

Dabei sind die Maßnahmen nicht losgelöst voneinander zu betrachten, sondern ergänzen sich stets. Dem vorangesetzt sind die sogenannten Querschnittsziele, die einen intersektionalen Ansatz bei der Umsetzung der Handlungsziele formulieren.

Die Istanbul-Konvention

Zum 01. Februar 2018 ist in Deutschland das Europäische Abkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt in Kraft getreten, besser bekannt als die Istanbul-Konvention. Mit Inkrafttreten ist die Konvention verbindlich und die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich, »Frauen vor allen Formen von Gewalt zu schützen und Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen«.

Gewalt, die sich gegen eine Frau richtet, weil sie eine Frau ist oder die Frauen unverhältnismäßig stark betrifft, ist diskriminierend, verhindert eine tatsächliche wirtschaftliche, soziale und politische Gleichstellung zwischen Frauen und Männern und stellt somit eine Verletzung ihrer Menschenrechte dar.

Zu den häufigsten Erscheinungsformen geschlechtsspezifischer Gewalt zählen sexualisierte Belästigung, Vergewaltigung, Verstümmelung der weiblichen Genitalien (FGM), erzwungene Abtreibung, Zwangssterilisation, Zwangsehen, Menschenhandel, digitale Gewalt und psychische Gewalt sowie Stalking. Eine Form der geschlechtsbezogenen Gewalt, von der besonders viele Frauen betroffen sind, stellt häusliche Gewalt dar.

Aus der Istanbul-Konvention erwachsen für die Unterzeichnerstaaten und alle staatlichen Behörden Verpflichtungen, die sowohl präventive Maßnahmen, Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen sowie Maßnahmen der Gesetzgebung und Strafverfolgung als auch politische Maßnahmen umfassen. In Bezug auf Maßnahmen, welche in der Zuständigkeit des Freistaats Sachsen liegen, realisiert die Landesregierung, unter Einbeziehung der Nichtregierungsorganisationen fortlaufend Vorhaben zur Umsetzung der Istanbul-Konvention.

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