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Geschlechtergesundheit

Wie hängen Geschlecht und Gesundheit zusammen?

Hormonellpillen. Mit Geschlechtssymbole für Mann, Frau und Transgender. Farbige Tabletten in blauer, rosa und lila Farbe.

Menschen unterscheiden sich in ihrer Herkunft, ihren individuellen Merkmalen wie Alter und Geschlecht, der sexuellen Orientierung, der physischen und psychischen Verfassung sowie ihrer Persönlichkeit. Jeder Mensch ist einzigartig und trägt damit zur Vielfalt unserer Gesellschaft bei. Häufig jedoch werden Menschen aufgrund ihrer typischen äußerlichen Körpermerkmale automatisch in Gruppen unterteilt – so auch mit der binären Einteilung in zwei Geschlechter. An diese Einteilung, die anhand biologischer Merkmale erfolgt, werden Geschlechteridentität und geschlechtsspezifische Rollenvorstellungen, -erwartungen und -stereotypen geknüpft. Diese zweigliedrige Einteilung aller Menschen, ungeachtet ihrer Vielfaltsmerkmale, kann die individuelle persönliche Entfaltung beeinflussen und beschränken.

Geschlecht und sexuelle Orientierung können die Inanspruchnahme von Präventions- und Früherkennungsuntersuchungen sowie die Entstehung, Diagnose und Behandlungen von Erkrankungen ebenso beeinflussen wie die Lebensqualität und Lebenserwartung. Es werden geschlechtersensible Ansätze für die optimale Gesundheitsversorgung und Prävention benötigt, die über einen zweigeschlechtlichen Ansatz hinausgehen. Den Stellenwert von solchen damit zielgruppenspezifischen Angeboten der Prävention und Gesundheitsförderung unterstreicht das 2015 verabschiedete Präventionsgesetz. 

Dennoch sind Hürden im Zugang zu Präventionsangeboten vorhanden. Sie reichen von fehlenden zielgruppenspezifischen Angeboten bis zur Angst vor Stigmatisierung und somit der Nichtinanspruchnahme von Angeboten. Auch im Versorgungsbereich finden sich Zugangshürden, was sich unter anderem in der Auswahl der Behandelnden sowie in der Nichtinanspruchnahme von Versorgungsangeboten widerspiegelt.

AG Geschlechtergesundheit

Die Arbeitsgruppe (AG) des Gleichstellungsbeirates des Freistaats Sachsen wurde 2014 von einzelnen Mitgliedern des Beirats gegründet, um sich dezidiert mit geschlechterbezogenen, gesundheitspolitischen Fragen auseinanderzusetzen.

Ziel der AG war und ist es, sich für eine umfassende und flächendeckende geschlechtersensible Gesundheitsversorgung und Prävention im Freistaat Sachsen und eine damit verbundene Sichtbarkeit einzusetzen. Dies meint den Ausbau und die Weiterentwicklung der Forschungslandschaft, eine geschlechterspezifische Gesundheitsberichtserstattung sowie die geschlechtersensible und diskriminierungsfreie medizinische Versorgungs- und Präventionslandschaft.

Dafür erarbeitet die AG fachpolitische Stellungnahmen für den Gleichstellungsbeirat, organisiert Fachveranstaltungen zur Sensibilisierung und Qualifizierung von Fachkräften und tritt in den Dialog mit Vertretungen des Gesundheitssystems, der Politik, Verwaltung und Berufswelt.

Mitglieder

Die Gleichstellungsbeauftragte der Landeshauptstadt Dresden wirkt als weisungsfreie Pflichtaufgabe mit ihrer Arbeit darauf hin, dass die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter umgesetzt wird. In diesem Zusammenhang ist sie unter anderem zuständig für den Abbau bestehender und die Vermeidung künftiger Benachteiligungen in Bezug auf die Geschlechter. Der Bereich Gesundheit ist dabei nur ein Arbeitsfeld im Büro der Gleichstellungsbeauftragten. Dabei erfolgt eine getrennte Betrachtung der Frauen- und Männergesundheit. Gemäß dem 2. Dresdner Gleichstellungs-Aktionsplan wird jedoch perspektivisch der Ansatz der Berücksichtigung aller Geschlechter verfolgt. Entsprechend ist die Gleichstellungsbeauftragte in diversen Gremien auf städtischer und Landesebene vertreten; das Thema geschlechterdifferenzierte Gesundheit bringt sie unter anderem in die kommunale Gesundheitsstrategie ein.

Homepage: Gleichstellung | Landeshauptstadt Dresden

Ansprechperson: Dr. Alexandra-Kathrin Stanislaw-Kemenah: gleichstellungsbeauftragte@dresden.de

Das FMGZ MEDEA e.V. ist das einzige Frauen- und Mädchengesundheitszentrum in Ostdeutschland. Es informiert und berät Frauen* und Mädchen* ab 6 Jahren, um sie in ihrer Eigenkompetenz zu stärken und auf einem selbstbestimmten Weg zu unterstützen. Basierend auf einem ganzheitlichen Gesundheitsverständnis, sehen die Mitarbeitenden immer auch die gesellschaftlichen und strukturellen Rahmenbedingungen, die das individuelle Wohlbefinden und die Gesundheit gefährden.

Das Frauen- und Mädchengesundheitszentrum bearbeitet die Themen körperliches Wohlbefinden und gibt Tipps zur Selbsthilfe, für gesunde Lebensbedingungen und -weise, seelische Gesundheit, gesellschaftliche Normen und Rollenerwartungen, Chancengleichheit und Gleichstellung der Geschlechter, selbstbestimmte Sexualität und Gewaltprävention. Sie stehen  für Vielfalt und Toleranz, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung angesichts eines wachsenden gesellschaftlichen Norm- und Selbstoptimierungsdrucks über Werbung und soziale Medien. Die Adressatinnen* des Zentrums sollen als gut informierte, mündige Nutzerinnen* an der Gesundheitsversorgung teilhaben.

Homepage: FMGZ MEDEA e.V. – Frauen- und Mädchengesundheitszentrum
Ansprechperson: Anja Bielefeldt: bielefeldt@medea-dresden.de

Die Frauenarbeit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens setzt sich für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Beruf und Familie, Kirche und Gesellschaft ein. Sie unterstützt Frauen darin, Verantwortung für ihre individuellen Lebensbezüge in diesen Bereichen zu übernehmen. Sie schafft Bildungsangebote zu politischen, religiösen und sozialen Themen. Sie ist Teil kirchlicher und gesellschaftlicher Frauennetzwerke. Der Arbeitsbereich Frauengesundheit begleitet Mütter, Väter und pflegende Angehörige bei der Beantragung von Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen und bietet Seminare zur Kurnachsorge an.

Homepage:Evangelische Frauenarbeit in Sachsen
Ansprechperson: Christiane Händel: christiane.haendel@evlks.de

Die Landesfachstelle Männerarbeit bringt männerspezifische Themen in Sachsen voran. Wir stärken Männer in ihrer Selbstsorge und der Wahrnehmung ihrer Bedürfnisse und Interessen. Sie unterstützt Fachkräfte darin, passende Arbeitsansätze und Angebote für ihre männlichen Klienten, Patienten oder Kunden zu entwickeln. Sie betrachtet es als ihre Aufgabe Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf männersensible Perspektiven und Zugänge aufmerksam zu machen. Die Landesfachstelle fördert Gleichstellung aus Männerperspektive und ist kommunal, regional und überregional vernetzt. Die Arbeit umfasst Direktangebote für Männer wie Coachings, Workshops, Kurse und Onlineforen sowie Fachtagungen und Fortbildungen für Multiplikator*innen. Themenschwerpunkte können Männergesundheit, Beratung, Gewaltschutz, Väter & Care u.a. ein.

Homepage: Landesfachstelle - Männerarbeit Sachsen
Ansprechperson: Stefan Beier: stefan.beier@juma-sachsen.de

Die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Queeres Netzwerk Sachsen ist der Dachverband der sächsischen Organisationen und Vereine, die sich für die gleichberechtigte Teilhabe von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter* und queeren (lsbtiq*) Personen einsetzen.

Sie arbeitet mit verschiedensten Formaten an der Sensibilisierung von Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Fachwelt für die Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt. Zugleich ist es ihre Aufgabe, für diese Instanzen sachsenweit ansprechbar zu sein und eine Brücke zwischen Legislative und Exekutive auf der einen Seite, und den Mitgliedsvereinen auf der anderen Seite zu sein.

Homepage: Über uns - LAG Queeres Netzwerk Sachsen
Ansprechperson: Britta Borrego: britta.borrego@queeres-netzwerk-sachsen.de

Der Forschungsverbund Public Health Sachsen hat es sich zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zur Aufrechterhaltung und weiteren Förderung des Gesundheitszustandes in der sächsischen Bevölkerung zu leisten. Im Fokus stehen dabei ein gerechter Zugang zu präventiven und kurativen Leistungen des öffentlichen und solidarisch finanzierten Gesundheitssystems und eine breite Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen an medizinischer Innovation und Ergebnissen der Spitzenforschung.

Homepage: Forschungsverbund Public Health Sachsen
Ansprechperson: Dr. rer. medic. Anja Zscheppang: anja.zscheppang@tu-dresden.de

Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland setzt sich für die Belange und Bedürfnisse transgeschlechtlicher, intergeschlechtlicher und nicht binär (tin) verorteter Menschen ein. In Sachsen arbeitet der Verein vor allem zu den Themen Gesundheit, Community-Empowerment und Gesellschaftspolitik. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf der Weiterbildung und Vernetzung von Fachkräften - im Bereich Gesundheit arbeitet er vor allem mit Fachkräften aus Medizin, Psychologie, Pflege, Sport sowie körpertherapeutisch arbeitenden Berufsgruppen wie Logopädie und Physiotherapie zusammen. Der Verein setzt sich dafür ein, dass tin Personen in Sachsen die bestmögliche Gesundheitsversorgung bekommen, ohne Probleme Sport treiben können und spezifische Angebote für tin Personen ausgebaut werden. Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland bietet Qualifizierungen für den sensibilisierten Umgang mit trans, inter und nicht-binären Personen für Gesundheitsfachkräfte an (als Inhouse-Schulungen von Einrichtungen oder in der Ausbildung). Darüber hinaus organisieren die Mitarbeitenden akkreditierte Qualifizierungen mit externen Referent*innen zu fachspezifischen Themen (z.B. die regelmäßig stattfindende 3-tägige Weiterbildung mit Psychotherapeut*innen). Als Fachvernetzungen initiiert und begleitet der Verein Qualitätszirkel, Intervisionsgruppen und Fachnetzwerke zur Arbeit mit tin Personen (Qualitätszirkel Psychotherapeutische Arbeit, Netzwerk Körpertherapie, Runder Tisch Queere Gesundheit Sachsen).

Homepage: TIAM - Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland e.V.
Ansprechperson: Dr. Nick Heinz (er): n.heinz@trans-inter-aktiv.org

Für Anfragen, Anregungen und Kontaktaufnahme kontaktieren Sie gern unsere Ansprechpersonen:

  • Stefan Beier, Bildungsreferent Männergesundheit der Landesfachstelle Männerarbeit
    Telefon: 0351-27514553
    E-Mail: stefan.beier@juma-sachsen.de

Gesundheit von lsbtiq* Personen

Versorgungsbedarfe transgeschlechtlicher, intergeschlechtlicher und nicht-binärer Menschen

Intergeschlechtlichkeit ist ein Überbegriff für Menschen, deren Körper sich nicht eindeutig in die medizinisch definierte Norm von »männlich« der »weiblich« einordnen lassen – beispielsweise können Chromosomen, Hormone, primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale variieren. Um sie der binären geschlechtlichen Norm anzupassen, wurden viele intergeschlechtliche Menschen im Baby- oder Kindesalter ab den 1950er Jahren operiert. Die allermeisten dieser Operationen waren und sind medizinisch nicht notwendig, sie waren rein »kosmetisch« und erfolgten ohne Einwilligung der Betroffenen. Die UN sowie Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International verurteilen diese Operationen als menschenrechtswidrig. Die Eingriffe haben teils erhebliche körperliche oder psychische Schäden zur Folge. In Deutschland sind diese Eingriffe seit 2021 verboten.

Transgeschlechtliche und nicht-binäre Menschen sind Menschen, deren Geschlecht nicht mit demjenigen Geschlecht übereinstimmt, das ihnen bei Geburt zugeordnet wurde. Eine geschlechtliche Transition ist für viele transgeschlechtliche und nicht-binäre Menschen eine bedeutsame biografische Erfahrung und kann eine wichtige Grundlage dafür sein, ein selbstbestimmtes und gesundes Leben zu führen. Dabei ist sie für jede Person individuell. Während manche mit ihrem Körper zufrieden sind, möchten ihn andere anpassen. Ein niedrigschwelliger Zugang zu selbstbestimmten geschlechtsangleichenden Maßnahmen kann das psychische Wohlbefinden und die gesellschaftliche Teilhabe von transgeschlechtlichen und nicht-binären Menschen signifikant erhöhen. Daraus ergeben sich besondere Versorgungsbedarfe für das Gesundheitssystem, wie die ärztliche Begleitung einer körperlichen Transition. Dies erfordert eine spezielle Fachexpertise des behandelnden ärztlichen und therapeutischen Personals. 

Gleichzeitig haben transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre (tin) Menschen sämtliche gesundheitsbezogenen Anliegen wie der Rest der Bevölkerung – vom Schnupfen über ein gebrochenes Bein oder chronische Erkrankungen. Genau wie alle anderen Menschen möchten sie mit diesen Anliegen eine Gesundheitsversorgung erhalten, die sensibel, fachlich kompetent und wohnortnah ist. Eine Vielzahl von Studien zeigt jedoch, dass dies nicht der Fall und Diskriminierung an der Tagesordnung ist. In der sächsischen Lebenslagenstudie gab beispielsweise jede zweite antwortende transgeschlechtliche und nicht-binäre Person an, Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts wie negative Kommentare, Misgendering oder Behandlungsverweigerung erlebt zu haben. 

Auch intergeschlechtliche Personen machen oft negative oder sogar re-traumatisierende Erfahrungen in der Regelversorgung. Viele tin Personen meiden daher den Besuch bei medizinischen Personal und zögern Behandlungen hinaus – mit den entsprechenden negativen Auswirkungen auf ihre Gesundheit. Umso wichtiger ist es, dass Gesundheitsfachkräfte durch Aus- und Weiterbildungen geschult sind sowie niedrigschwellige und sensibilisierte Beschwerdemechanismen existieren. Ein großes Problem stellt nach wie vor das Verhältnis des Gesundheitssystems selbst zu tin Personen dar. Die natürliche geschlechtliche Varianz von intergeschlechtlichen Personen wird oftmals weiterhin als »Störung der Geschlechtsentwicklung« beschrieben. Transgeschlechtlichen und nicht-binären Menschen wurde jahrzehntelang eine psychische Störung diagnostiziert – erst im neuen ICD-11 hat eine Entpathologisierung stattgefunden. 

Auch im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung gibt es für tin Menschen zahlreiche Hürden. So sind die meisten Sportarten traditionell in zwei Geschlechter aufgeteilt. Hierbei braucht es eine grundlegende Neuordnung, um der Existenz geschlechtlicher Vielfalt gerecht zu werden. Auch andere Angebote wie Gesundheitskurse sollten entweder offen und sensibel für tin Personen sein oder sie speziell ansprechen, um deren Gesundheitskompetenzen zu stärken.

Gesundheitliche Situation von lesbischen, schwulen und bisexuellen Menschen

Genauso wie transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen erfahren auch homosexuelle (lesbische und schwule) sowie bisexuelle Menschen Diskriminierungen im Gesundheitssystem. Aufgrund ihrer sexuellen Identität beziehungsweise Orientierung erleben sie beispielsweise Stigmatisierungen, erschwerte Zugänge zu Leistungen oder sind mit lebensformbedingten Gesundheitsrisiken konfrontiert.

Lesbische, schwule und bisexuelle (lsb) Personen sind damit im Vergleich zu heterosexuell lebenden Menschen einer gesteigerten Vulnerabilität im Gesundheitsbereich ausgesetzt. Diese Vulnerabilität ergibt sich unter anderem daraus, dass lsb Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer sexuellen Minderheit unter Stressoren leiden, die zu zusätzlichen Belastungen führen. Das Minderheitenstressmodel verdeutlicht, dass sich diese Zusatzbelastungen negativ auf die physische und psychische Gesundheit der Betroffenen auswirken können – alle queeren Menschen sind davon betroffen. Derartige Stressoren können zum Beispiel Diskriminierung oder Gewalterfahrung, internalisierte Queerfeindlichkeit, Angstgefühle oder das Verschweigen der eigenen Orientierung sein. Sie erhöhen das Risiko für Krebs-, Herz-Kreis-Lauf-, Sucht- oder psychische Erkrankungen deutlich.

So werden bei lesbischen Frauen doppelt so häufig Depressionen diagnostiziert als bei heterosexuellen Frauen. Auch weisen lesbische und bisexuelle Frauen höhere Prävalenzen für schädliche Abhängigkeitserkrankungen im Bereich von Alkohol-, Nikotin- und Marihuanakonsum auf. Im Bereich der sexuellen Gesundheit ist ein Mangel an Forschung und Aufklärung zu sexuell übertragbaren Krankheiten (STI) von Frau-zu-Frau festzustellen. Da viele HIV-und STI-Teststellen auf schwule Männer ausgelegt sind, ergeben sich für lesbische und bisexuelle Personen zusätzliche Barrieren, finanzielle Aufwendungen oder auch spät erkannte Erkrankungen mit möglichen Folgekomplikationen.

Schwule Männer und bisexuelle Personen sind wiederum insbesondere in Verbindung mit HIV-Infektionen häufig dem Stigma der Promiskuität ausgesetzt. Zusätzlich kann Schwulenfeindlichkeit und die bis 1994 strafrechtliche Verfolgung homosexueller Männer negative Auswirkungen auf deren Gesundheit nehmen. Auch schwule und bisexuelle Männer leiden im Vergleich zu heterosexuellen Männern beispielsweise häufiger an Angststörungen und Depressionen oder haben eine Alkohol- und Drogenabhängigkeit. Suizidgedanken und tatsächliche Suizidversuche sind in ihrer Häufigkeit signifikant höher als bei hetero Männern. 

Neben den erhöhten Gesundheitsrisiken bestehen innerhalb des Gesundheitssystems noch immer strukturelle Diskriminierungen von sexuellen Minderheiten. Dies betrifft beispielsweise die Reproduktionsmedizin für gleichgeschlechtliche Paare oder zeigt sich in unzureichender Beratung, Fehldiagnosen und erschwertem Zugang zu medizinischen Behandlungen. Weiterhin ist ein Mangel an robusten Forschungsdaten zur gesundheitlichen Lage von lesbischen, schwulen, bisexuellen – sowie transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nicht-binären – Menschen zu verzeichnen. Insbesondere bisexuelle transgeschlechtliche Personen sind innerhalb der Gesundheitsforschung stark unterrepräsentiert, weshalb kaum Zahlen zu deren Gesundheitszuständen vorliegen.

Frauen- und Männergesundheit

Frauengesundheit

Frauen benötigen einen gendersensiblen Blick auf ihre Gesundheit: Im Schnitt werden sie erwartungsgemäß bis zu 83,4 Jahre alt. Sie leisten in der Regel neben entlohnter Erwerbsarbeit unbezahlte Care-Arbeit. Kommt es in der Vereinbarkeit beider Lebenswelten zu Konflikten, verschlechtert sich ihre gesundheitliche Situation. Besonders junge alleinerziehende Mütter und Frauen, die Angehörige pflegen, sind von dieser Lebenslage betroffen. Des Weiteren haben Frauen in der Regel weniger Karriere- und Aufstiegschancen und arbeiten in Teilzeit- und Niedriglohnmodellen. Das betrifft im Speziellen Frauen mit Migrations- und Fluchterfahrungen. Dies schlägt sich auf das Einkommen nieder. Frauen bekommen oft niedrige Pensionen und drohen unter Altersarmut zu leiden. Diese strukturellen Gegebenheiten wirken sich kurz-, mittel- und langfristig negativ auf Frauengesundheit aus.

Auch sind häufigere Krankenstände durch psychische Erkrankungen zu verzeichnen. Positiv ist jedoch, dass circa zwei Drittel der Frauen in Deutschland ihren Gesundheitszustand als gut oder sehr gut einschätzen. Dennoch: Je älter die Frauen werden, desto schlechter wird diese Einschätzung. Die häufigsten frauenspezifischen Todesursachen sind ischämische Herzkrankheiten, Demenz, zerebrovaskuläre Krankheiten zum Beispiel Schlaganfall und Krebs. Zu weiteren physischen und psychischen Krankheiten, die als frauenspezifisch einzustufen sind, zählen Schwangerschaftsdiabetes, Arthrose, Osteoporose, Endometriose, Myome der Gebärmutter und Gebärmuttersenkungen sowie Depressionen, Angststörungen, Essstörungen und Suizidversuche. 

Unbedingt mitzudenken sind im Bereich der Gesundheitsprävention Intersektionen. So ist der Zugang zum Gesundheitswesen von  Frauen mit Migrations- und Fluchterfahrung mit deutlich höheren Barrieren verbunden als für Frauen ohne diese Erfahrungen.

Männergesundheit

Männer leben im Schnitt fünf Jahre kürzer als Frauen – in Sachsen sogar sechs Jahre. Die Forschung zeigt, dass der Unterschied in der Lebenserwartung nur zu einem geringen Teil biologische Ursachen hat. Mitverantwortlich sind Lebensumstände, Gesundheitsverhalten und gesellschaftliche Erwartungen. Bei fast allen Krebsarten, bei Lebererkrankungen, Unfällen und vor allem Suiziden liegen Männer weit vorn in der Häufigkeit.

Das Risiko, an koronaren Herzkrankheiten zu erkranken, liegt bei Männern zehn Jahre vor dem von Frauen. Auch erkranken Männer häufiger an Depressionen, nehmen jedoch seltener psychosoziale Hilfsangebote in Anspruch und sind durch suizidpräventive Angebote schlechter zu erreichen. Das meiste davon ist bedingt durch die eigene Lebensweise, worin bei Männern oftmals auch ein Bewältigungsverhalten zu sehen ist, um dem Rollendruck männlicher Identitätsbildung und gesellschaftlicher Männlichkeitsvorstellungen standzuhalten. Hinzu kommen starke Unterschiede innerhalb der männlichen Bevölkerung. Je prekärer die soziale Lage, je geringer das Einkommen, je niedriger das Bildungsniveau, desto schlechter der Gesundheitszustand und desto geringer die Lebenserwartung.

In der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen liegen Männer oftmals hinter Frauen zurück. Allerdings sind sie in der Regel gut motivierbar, wenn die Voraussetzungen stimmen. Settings wie Betriebe und Sportvereine bieten sich zwar für männerspezifische Prävention und Gesundheitsförderung an, werden jedoch noch zu selten genutzt.

Trotz der Verankerung im Präventionsgesetz, geschlechtsspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen, sind allgemeine Gesundheitsangebote selten bis gar nicht geschlechtergerecht gestaltet und damit ineffektiv in ihrer Ansprache für Männer. Reine Männerangebote, die für manche Männer niedrigschwelliger wären, existieren nur als Nischenprodukte. Öffentliche Gelder für Männergesundheitsförderung gibt es fast nicht – trotz des enormen Bedarfs, insbesondere für sozial benachteiligte Männer.

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