Handlungsempfehlungen
Ursachen für den Gender Pay Gap
Gleicher Job, aber anderes Gehalt? Die Ursachen dafür sind vielfältig und eng miteinander verwoben. Für den Lohnunterschied bei Vollzeitbeschäftigten benennt die Studie des Institutes für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) zu geschlechtsspezifischen Lohnunterschieden im Freistaat Sachsen als zentrale Punkte die geschlechtsspezifische (Studien- und) Berufswahl und die geschlechtsspezifische Sozialisation.
Demnach sind Frauen in Sachsen im gesundheitlichen und sozialen Bereich überrepräsentiert, während ein höherer Anteil an Männern in technischen und verarbeitenden Berufen tätig ist. Frauen wählen überdies häufiger Berufe, die eine bessere Vereinbarkeit von Berufstätigkeit mit Familien- und Pflegeaufgaben ermöglichen und arbeiten häufiger in Teilzeit. Dahinter stehen unter anderem tief verwurzelte unbewusste Normen und Werte sowie fehlende Vorbilder.
Neben den geschlechtsspezifischen Unterschieden bei der Besetzung von Führungspositionen existieren zudem Lohnunterschiede im Qualifikationsniveau: Mit zunehmender Qualifikation steigt auch in Sachsen der Gender Pay Gap. Zudem beeinflusst die Betriebsgröße den Gender Pay Gap. So finden sich die höchsten unbereinigten Lohnlücken in Kleinstbetrieben mit 1 bis 10 Beschäftigten und in Großbetrieben mit mehr als 250 Beschäftigten. Gründe dafür sind beispielsweise in Kleinstbetrieben das Fehlen innerbetrieblicher Arbeitnehmerstrukturen wie Betriebsräte, die Lohnnachteile von Frauen reduzieren könnten.
Auch die Berufswahl spielt mit hinein: In Großbetrieben ist der Anteil der typischen Frauenberufe größer, die zudem vergleichsweise niedrig entlohnt werden. Schließlich hat die Siedlungsstruktur Auswirkungen. Demzufolge sind sowohl das Lohnniveau als auch der Gender Pay Gap in Städten höher als in ländlichen Regionen.
Im Öffentlichen Dienst kann der Gender Pay Gap als durchaus geringer eingeschätzt werden als in der Privatwirtschaft. 2016 lag er nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bei 9 Prozent. Der geringe Vorsprung ist durch die Verteilung von Leitungsaufgaben im öffentlichen Dienst zu erklären, welche eher von Männern ausgeübt werden. Frauen sind auch in Sachsen seltener in Führungspositionen vertreten als Männer. Zu vermuten ist auch, dass der geringere Gender Pay Gap mit der Tarifbindung des öffentlichen Dienstes zusammenhängt.
- Regionale Unterschiede im Gender-Pay-Gap in Deutschland 2022
- Geschlechtsspezifische Lohnunterschiede in Sachsen in Zeiten der Corona-Pandemie (*.pdf, 0,94 MB)
- Studie: »Teilzeit(falle)?! Echte Wahlfreiheit für Lebens- und Arbeitsmodelle«
- Studie: »Diskriminierungserfahrungen von fürsorgenden Erwerbstätigen im Kontext von Schwangerschaft, Elternzeit und Pflege von Angehörigen«
Lösungsansätze
Die IAB-Studie gibt folgende Handlungsempfehlungen ab, um die Lohnlücke zu schließen:
- Gender Pay Gap in den Köpfen angehen: Geschlechtsstereotype und Rollenbilder hinterfragen – Vorbilder für Frauen und Männer sind wichtig!
- Diese Vorbilder sollten angemessen publik gemacht werden, damit sie von jungen Frauen und Männern auch positiv wahrgenommen werden können.
- Betriebliche Such- und Auswahlprozesse bei Personalfragen sollten gleichwertige Chancen für Frauen und Männer bieten.
- Mentoringprogramme und Sponsoren können Frauen bei ihrer Karriere unterstützen.
- Vereinbarkeit nicht nur von Mutterschaft, sondern auch von Vaterschaft und Familie fördern.
- Nutzung der Chancen von Homeoffice für die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
- DGB-Projekt: »Was verdient die Frau? Mehr Geld, Zeit und Respekt!«
- Klischeefreie Berufs- und Studienwahl
- Girls'Day
- Boys'Day
Wie aber kann ich mich als Beschäftigte über die Gehaltsstruktur in meinem Unternehmen informieren? Wenn Sie in einem Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten arbeiten, steht ihnen gegenüber ihrem Arbeitgebenden seit Januar 2018 gemäß § 10 Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) ein individueller Auskunftsanspruch auf Mitteilung des Vergleichsgehalts einer Mitarbeitendengruppe von sechs Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts und die Kriterien der Entgeltfindung zu. Dieser hat schriftlich zu erfolgen (Siehe Musterformulare). Der Anspruch kann alle zwei Jahre geltend gemacht werden.
Da jedoch viele Frauen in Sachsen eher in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit weniger Beschäftigten arbeiten, haben sie keinen rechtlichen Auskunftsanspruch. Lohndiskriminierung ist jedoch in der Regel nicht beabsichtigt. Arbeitgebende können also immer freiwillig Auskunft über ein Vergleichsgehalt männlicher Beschäftigter geben. Suchen Sie also das Gespräch mit ihrer Führungsperson und lassen Sie sich durch ihre Betriebsräte und ihre Gleichstellungsbeauftragte beraten. Außerdem können sie sich mit ihren Fragen auch an das Antidiskriminierungsbüro Sachsen wenden.
Zur Vorbereitung ist die Recherche vergleichbarer Entgelte im Internet zu empfehlen, das mittlerweile verschiedene kostenlose Gehaltsrechner und Informationen über tarifliche Vergütung bereitstellt. Der seit 2020 in einer neuen Fassung verfügbare Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit kann beispielsweise nach über 4.000 Berufsbezeichnungen durchsucht werden und liefert das durchschnittliche Bruttoentgelt im gewünschten Beruf aus. Über Filtersuche kann neben den Angaben des Durchschnittslohns im jeweiligen Beruf in Deutschland oder den einzelnen Bundesländern der Verdienst auch nach Geschlecht und Altersgruppe unterschieden werden. Zu Verdiensten und Verdienstunterschieden bereitet zudem DESTATIS verschiedene Daten auf.
Was kann ich denn als Beschäftigte tun, wenn sich nach der Mitteilung des Vergleichsentgeltes männlicher Beschäftigter eine Entgeltdiskriminierung abzeichnet? Dann können Sie gegenüber dem Arbeitgebenden einen Anspruch auf angleichende Gehaltserhöhung geltend machen. Diese Anpassung kann freiwillig erfolgen oder muss gerichtlich im Wege einer Entgeltgleichheitsklage durchgesetzt werden. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes wird übrigens beim Vorliegen der Gehaltsdifferenz bereits eine Entgeltdiskriminierung vermutet und es ist an den Arbeitgebenden nachzuweisen, dass diese nicht wegen des Geschlechtes erfolgt (BAG, Urteil vom 21. Januar 2021, Az. 8 AZR 488/19).
Eine faire Lohnpolitik ist für viele Unternehmen in Sachsen ein Anliegen. Benachteiligungen von Frauen entstehen in der Regel eher unbewusst, weil einfach nicht genug Transparenz vorhanden ist. Deshalb lohnt sich die freiwillige betriebliche Prüfung, ob Frauen für gleiche oder gleichwertige Arbeit tatsächlich gleich bezahlt werden.
Betriebsinterne Entgeltgleichheitsprüfungen nach dem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) sind zwar derzeit nur für Betriebe ab 500 Mitarbeitende verpflichtend. Nur diese haben auch eine Berichtspflicht. Allerdings können und sollten auch kleine und mittlere Unternehmen freiwillige betriebliche Prüfungen durchführen und damit Entgelttransparenz schaffen. Nur so können etwaige Ungleichheiten beseitigt und dies auch nachhaltig kommuniziert werden. Außerdem bringt die Digitalisierung eine Änderung von Tätigkeiten und Anforderungen an die Beschäftigten mit sich, auf die sie rechtzeitig reagieren können. Entgeltgleichheit ist ein Aushängeschild, durch das junge Beschäftigte gewonnen und zugleich qualifizierte Beschäftigte gehalten werden. Es bezeugt echte Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten.
Welche geeigneten Verfahren für Entgeltprüfungen gibt es? Für Lohngleichheitsanalysen stehen verschiedene Analysetools zur Verfügung, die im vom BMAS beauftragten FPI-Tool-Kompass beschrieben sind. Dazu gehören beispielsweise die Tools Lohngleichheit im Betrieb – Deutschland (Logib-D), der Entgeltgleichheitscheck (eg-Check) oder das Tool Evaluierung von Arbeitsbewertungsverfahren (EVA-Liste). Mit dem Selbsttest Gleichstellungscheck für kleine und mittlere Unternehmen (KMU-Gleichstellungscheck) können zudem KMU in den vier personalpolitischen Themenbereichen Personalrekrutierung, Arbeitsbedingungen, Arbeitsentgelt und Kommunikation selber testen, ob Handlungsbedarf besteht und erhalten einfach umzusetzende Praxisempfehlungen. Der weltweit anerkannte Universal Fair Pay Check unter Schirmherrschaft des Bundesarbeitsministers ist ein weiteres international anerkanntes Prüfverfahren und bietet neben der Analyse auch eine Zertifizierung.
Das auf drei Jahre angelegte Unternehmensprogramm des BMFSFJ mit dem Portal »Entgeltgleichheit fördern« bietet weitere Informationen und Hilfestellungen. Im Rahmen des bundesweiten Unternehmenswettbewerbes »German Equal Pay Award« wurden zudem 2022 und 2023 von BMFSFJ Unternehmen ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise für die Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern in ihrem Betrieb einsetzen.